Unterwegs in den Bergen
Für die Reisenden des späten 18. Jahrhundert war der Aufenthalt in den Bergen ein richtiges Abenteuer. Sie erschlossen sich eine Weltgegend, die sie bisher nur vom Hörensagen gekannt hatten. Dementsprechend waren sie auf eine Vielzahl von Informationen angewiesen, die selbst so scheinbar banale Dinge wie «Mittel gegen den Durst» betrafen.
Jakob Samuel Weibel, Le Staubbach dans la Vallée de Lauterbrounen, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Das Wetter
In den Bergen fanden sich die Reisenden auch ganz unterschiedlichen Witterungen ausgesetzt. Vor Kälte und Nässe schützten sie sogenannte «Wachsleinewand-Mäntel», die, wir ihr Name es sagt, mit Wachs beschichtet waren. War das Wetter jedoch schön, war man fast beständig der Sonne ausgesetzt.
Jakob Samuel Weibel, La Cascade de Reichenbach dans la Vallée d'Oberhasle, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Die Reisemittel
Was das Reisemittel betrifft, gab es verschiedene Möglichkeiten: man konnte zu Fuss gehen, mit dem Schiff fahren, auf dem Rücken eines Pferdes reiten – oder es sich in einer Kutsche gemütlich machen. Die geschlossene Kutsche hatte aber einen gewichtigen Nachteil: man sah weniger von der Landschaft, in der man unterwegs war.
Jakob Samuel Weibel, Vue de la Ville de Thoune, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Alleine oder in Gesellschaft?
Alleine oder in Gesellschaft reisen – bereits im späten 18. Jahrhundert standen einem beide Optionen offen. War man mit einer Gruppe unterwegs, waren die Kosten, zum Beispiel der Lohn für die Schiffsleute, auf mehrere Schultern verteilt.
Jakob Samuel Weibel, Vue du Chateau de Spiez au Lac de Thoune, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Zu Fuss unterwegs
Der Vorteil einer Reise zu Fuss wurde darin gesehen, dass man die Wanderung zu jedem Zeitpunkt für einen Augenblick unterbrechen konnte, um etwas genauer anzuschauen, sich mit jemandem zu unterhalten, oder die Natur zu geniessen.
Jakob Samuel Weibel, La Cime de la Jungfrau dans la vallée de Lauterbrounen, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Träger
War man zu Fuss unterwegs, bot es sich an, die Dienste eines Trägers in Anspruch zu nehmen. Manche von ihnen waren zugleich Führer und verfügten über Kenntnisse in Fremdsprachen. So halfen sie den Reisenden, sich in dem Labyrinth der Berge zurechtzufinden. Johann Gottfried Ebel nahm stets die Dienste des gleichen Reisebegleiters in Anspruch (Ebel 1809-1810, I, S. 42-45).
Jakob Samuel Weibel, Le Glacier de Schwarzwald sur le Mont Scheidek dans la Vallée d'Oberhasle, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Die lokale Bevölkerung
Das Unterwegssein zu Fuss hatte neben der Bewegungsfreiheit noch einen weiteren Vorteil: die Möglichkeit, der lokalen Bevölkerung zu begegnen. Dabei trafen zwei Welten aufeinander: hier eine vermögende europäische Oberschicht, dort Bauersleute in ärmlichen Verhältnissen, die von der Welt oft nicht viel mehr gesehen hatten als die Gegend, in der sie lebten.
Jakob Samuel Weibel, Le Glacier de Rosenlauvi sur le Mont Scheidek dans la Vallée d'Oberhasle, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Ihr Misstrauen
Indessen waren Künstler nicht überall gern gesehene Gäste. In seinem Reiseführer schrieb Johann Gottfried Ebel in «Nothwendige Regeln für die Reisenden in den Gebirgen», dass, wer in der Natur zeichne, sich davor in Acht nehmen müsse, nicht das Misstrauen der lokalen Bevölkerung auf sich zu ziehen.
Jakob Samuel Weibel, Vue du Village de Brienz, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
«Land abreissen»
Der Argwohn der ansässigen Leute hatte damit zu tun, dass das Zeichnen in ihren Augen eine Art von Spionage war, hinter der man andere, weniger harmlose Interessen vermutete als das künstlerisch-ästhetische Interesse an der Natur. Die Skepsis fand ihren sprachlichen Ausdruck im Begriff «Land abreissen», der in der damaligen Zeit die Fertigung eines Grundrisses meinte.
Jakob Samuel Weibel, La Cascade de Giesbach au Lac de Brienz, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.
Souvenirs
In das Spektrum der Souvenirs, welche die Reisenden mit nach Hause nahmen, gehörten – neben den Werken der Kleinmeister – aus Holz geschnitzte Figuren und Bergkristalle. Ferner wurden im Gepäck vor Ort gefundene Dinge verstaut, zum Beispiel Steine und Pflanzen. Kein Wunder also, dass eine Pflanzenpresse zur «Reiseeinrichtung für die Fussgaenger» zählte.
Jakob Samuel Weibel, Ruine d'Unspunen pres d'Interlaken, aus: Voyage pittoresque de l'Oberland bernois, 1807, Umrissradierung und Aquatinta, koloriert.