Das Schloss Thun, das wir hier in der Mitte des Bildes sehen, ist das Wahrzeichen der Stadt. Sein Turm wurde zwischen 1180 und 1190 erbaut und überragt die Altstadt.
Die Begleittexte zu den Ansichten der malerischen Reisen enthalten nicht nur historische und geografische Details, sondern verraten uns auch etwas über die Lebensweise und den Charakter der Menschen vor Ort. So werden die Einwohner von Thun als freundlich und gastfreundlich beschrieben, die den Reisenden gerne einen Teil ihres Überflusses anbieten.
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S. 3
Der Blick von der Anlegestelle der Schiffe bei der Ziegelhütte nach Süden rückt verschiedene Landhäuser reicher Bürger in den Fokus, darunter rechts dasjenige eines Herrn Delosea oder dahinter das Landgut Schadau, dass zu dieser Zeit einem Herrn May gehörte. Im Hintergrund erheben sich die Berge des Berner Oberlandes: Die Blümlisalp (3660 m.ü.M.) und die markante Pyramide des Niesen (2362 m.ü.M.).
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S. 4
Das Schloss Oberhofen wurde um 1200 erbaut und nach der Schlacht von Sempach im Jahr 1386 in den Besitz der Berner überführt. Erst seit 1954 ist das Schloss ein Museum.
Das auf einer Halbinsel im Thunersee erbaute Schloss Spiez soll bereits im 7. Jahrhundert als mittelalterliche Festung errichtet worden sein. Verschiedene Familien wechselten sich als Besitzer des Schlosses ab, bis es 1929 an die neu gegründete Stiftung für das Schloss Spiez verkauft wurde.
Das Städtchen Unterseen entstand im 13. Jahrhundert am dem Kloster Interlaken gegenüberliegenden Aareufer. 1386 kam es an Bern, das es als Vorposten gegen das Kloster unter seine Fittiche nahm. Das Kloster hingegen versuchte mit allen Mitteln, die Entwicklung der Stadtgemeinde zu hemmen, denn auf der Seite des Klosters hatte sich ebenfalls eine Ansammlung von Häusern gebildet, nämlich Aarmühle, die die Mönche gegen Konkurrenz beschützen wollten. 1891 übernahm diese Siedlung schliesslich den Namen des ehemaligen Klosters und nannte sich fortan Interlaken. Unterseen dagegen ist heute eher ein Geheimtipp.
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S.10; Anne-Marie Dubler, Unterseen, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.02.2013. [17.05.2024]; https://blog.nationalmuseum.ch/2024/05/die-erfindung-von-interlaken/ [17.05.2024]
Das Kloster Interlaken wurde spätestens um 1130 gegründet und gab der daneben liegenden Siedlung seinen Namen. Im 19. Jahrhundert war Interlaken ein beliebtes Reiseziel für Deutsche, die die Hälfte der Hotels belegten. Der Ort war touristisch bedeutend, da man von hier aus ohne grossen Zeit- und Geldaufwand verschiedene Orte im Berner Oberland für einen Tag erreichen konnte.
Karl Baedeker, La Suisse et les parties limitrophes de l'Italie, de la Savoie, et du Tyrol, Manuel du voyageur, Koblenz 1864, S. 115; https://blog.nationalmuseum.ch/2024/05/die-erfindung-von-interlaken/ [17.05.2024]
Das Schloss Unspunnen wurde Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut und gehörte vielen Adelsfamilien, bevor es in den Besitz des Kantons Bern überging. Heute sind nur noch Ruinen übrig, da der Bau ab 1533 aufgegeben wurde. Das erste Unspunnenfest fand 1805 rund um eben diese Ruinen statt. Da das Berner Oberland ein vom Rest der Schweiz (damals noch Helvetische Republik genannt) ziemlich abgeschnittenes Gebiet war, sollte dieses Fest die Stadt-Land-Trennung überwinden. Heute findet es etwa alle zwölf Jahre statt und ist zu einem traditionellen Schweizer Fest geworden, bei dem man den Schwingern zusehen und Alphörner hören kann. Das Fest ist auch für seinen Steinstosswettbewerb bekannt, bei dem der "Unspunnenstein" zum Einsatz kommt. Dieser wurde berühmt, weil er 1984 von jurassischen Autonomisten gestohlen und 17 Jahre später - nach einem kleinen Umweg über Belgien - wieder zurückgegeben wurde. Der Unspunnenstein, ein Symbol der helvetischen Folklore, wurde 2005 erneut gestohlen und ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.
https://www.interlaken.ch/fr/planification/evenements/top-evenements/fete-dunspunnen-a-interlaken [16.04.2023]; https://www.lebendige-traditionen.ch/tradition/fr/home/traditions/la-fete-d-unspunnen.html [16.04.2023]; https://www.swissinfo.ch/fre/la-pierre-d-unspunnen-%C3%A0-nouveau-d%C3%A9rob%C3%A9e-/4680362 [16.04.2023]
In Zweilütschinen teilen sich die Wege ins Lauterbrunnental und nach Grindelwald. Aus ersterem fliesst die Weisse Lütschine hinab, zweiteres entsendet die Schwarze Lütschine, die beide hier zusammenfliessen. Gerade nach stärkeren Regenfällen kann man die verschiedenen Farben dieser zwei Gewässer schön beobachten. Ein paar zerstreute Häuschen bilden diesen Ort, der "[...] dem müden und durstigen Wanderer, der sich daselbst mit einem Glas Wein und Käse und Brod erquicken kann, sehr willkommen [ist]. Ihre Bewohner, die goldgefleckten Forellen, sind sehr zahlreich und werden über alle dasigen Gegenden geschätzt; es gibt sehr grosse und kleinere in Menge, von welchen die erstern oft mit Büchsen in ihren Felslöchern geschossen werden."
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S. 19
Grindelwald verdankt seinen Ruf seinen beiden Gletschern, die ab dem Ende des 18. Jahrhunderts vor allem englische Touristen anzogen. Ab etwa 1850 begann das Bergsteigen populär zu werden und Bergführer bestiegen mit Touristen die Gipfel. Ab Ende des 19. Jahrhunderts erleichterte der Bau von Eisenbahnen den Zugang zu Grindelwald und der Wintertourismus entwickelte sich, ebenso wie 1908 die erste Seilbahn der Alpen zum Wetterhorn.
"Majestätisch von Morgen oder Abend her geröthet, steigt dieser Gletscher über finstere Tannen herauf. Die gigantischen Wetter- Kamm- und Engelhörner strecken ihre öden Gipfel in den Aether herauf, und es ist als säuselte eine Stimme durch die Natur: 'Ich bin schöner denn meine Brüder in Grindelwald, einsam und unerstiegen; Stillschweigen ruht auf meinen weiten Schneegefilden; auf mir ward zur Geschichte des Menschengeschlechts kein Stoff, und selbst der hochfliegende Adler irrt an der Mitte meines Felsengebäudes.' Der schönste Standpunkt diesen Gletscher zu bretrachten ist wohl die über den Reichenbach führende Brücke."
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S. 26
Meiringen ist der Hauptort der Landschaft Hasli. Der Begleittext hebt die Rolle des Ortes bei den häufigen Aufständen der Landbevölkerung hervor sowie die Tatsache, dass in dem Tal niemals grosse Schlachten geschlagen worden sind und dass Meiringen aus nicht eben schönen Häusern zusammengesetzt sei.
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S. 28
Die Wilerbrücke bezeichnet die Grenze zwischen den Berner Vogteien Interlaken und dem Haslital. Zum im Hintergrund prominent dargestellten Fall des Öltschibachs schreibt der Autor: "Es ist sonderbar, dass dieser Oltschenbach, welcher an Majestät und und breitem Ausguss dem Staubbach bey weitem übertrift und in der Nähe gesehen zu werden verdient, an Reputation doch überhaupt letzterm weichen muss [...]. Und so hat dieser Wassefall manches verdienstvollen Mannes Schicksal, und ist nicht da, wo er wohl zu seyn verdiente, um nicht verkannt zu werden."
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S. 30
Brienz erlangte seine Bedeutung als Umladestation von Gütern und Menschen vom Brienzersee auf die Strasse über den Brünig in die Innerschweiz. Selber exportierten die Brienzer ab dem 16., aber besonders im 18. Jahrhundert, den weithin bekannten Sbrinz-Käse.
Anne-Marie Dubler, Brenz (BE), in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.01.2006. [06.05.2024]
Im Begleittext zu dieser Ansicht erfahren wir Folgendes über die Vorgenhensweise der Landschaftsmaler: "Unter denen mannigfaltigen Aussichten, die sich dem forschenden Auge des Künstlers darbieten, hat derselbe doch oft Mühe, in weitläufigen Gegenständen eine Wahl zu treffen, die auf dem Papier oder auf der Leinwand ein Ganzes bilde, welches in allen Gegenständen zugleich Kontrast und Interesse darböte. Bald wünschte er einen interessanteren Vorgrund vor sich zu haben, bald wünschte er mehr Wasser und weniger ins Unendliche gedehnte Wiesen, bald ist er genöthigt, sich mit grossen Schlagschatten, mit Wolkengruppen zu helfen, oder mit Figuren die leeren Gründe dem Auge gefälliger zu machen. Aber diese Aussicht hat dessen nicht nöthig. Hier kontrastirt alles, und das Flächere und Leerere wird von Baumgruppen, Felsen und Mauerwerk unterstützt. Das Alte und Romantische schliesst sich an neuere Bauart. Die mahlerischen Mühlen unten am Hügel werden noch angenehmer durch Lauben und Schiffschirme."
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt. Mit ihren kurzen historisch-topographischen Beschreibungen, Bern 1793/96, S. 34
Vierzehn Aussichten im Oberlande jenseits Thun gewählt, Bern 1793/1796, Vorrede